Realschule im Aurain - Ruth Frenk zu Gast
„Bei uns war alles ganz normal“ - Ruth Frenk an der Realschule im Aurain
Das Thema Antisemitismus zu behandeln und aufzugreifen, ist für eine funktionierende Demokratie unabdingbar. „Antisemitismus ist immer noch ein aktuelles Thema. Wichtig ist, dass auch Schüler dahingehend sensibilisiert werden“, so Schulleiter Harald Schmitt. Und da diesem Thema ein sehr hoher Stellenwert beigemessen wird, erhielten die Zehntklässler der Realschule im Aurain einen Besuch der besonderen Art. „Bei uns war alles ganz normal“ lautete der Titel einer Lesung mit Ruth Frenk, die aufhorchen ließ. Die niederländisch-jüdische Sängerin Ruth Frenk, deren Eltern den Holocaust überlebt hatten, gab Einblicke in Zeiten, die die Schüler sonst nur aus Geschichtsbüchern kennen.
Initiiert wurde die Veranstaltung von Frau Wilpert, Vorsitzende des Freundeskreises der Realschule im Aurain, der Friedrich Naumann Stiftung sowie der Reinhold Maier Stiftung, die durch Dr. Julia Frank vertreten wurde.
Sprachlosigkeit & Verdrängung
Ruth Frank erzählte auf eindrucksvolle Art und Weise von ihrem Aufwachsen in Rotterdam. Gerade die Sprachlosigkeit der Eltern, die über den jahrelangen Aufenthalt im Konzentrationslager Bergen Belsen nie ein Wort verloren hatten, prägte ihre Kindheit. So hatte sie als Kind immer Bauchschmerzen, obgleich sie nicht wusste, aus welchem Grund die Schmerzen ausgelöst wurden. Ja, sie spürte bereits in jungen Jahren: „Da stimmt etwas nicht, da gibt es ein Geheimnis.“
Der Titel „Bei uns war doch alles ganz normal“ – eine Aussage, die Ruth Frenks Vater oft äußerte – zeigt eindrücklich: Das Verdrängen von schrecklichen Ereignissen hat leider immer noch Hochkonjunktur in der jüdischen Bevölkerung. Diesem Abwehrmechanismus möchte Ruth Frank gezielt entgegenwirken.
Das traurige Schicksal ihrer Großeltern und vieler Familienmitglieder, die den Holocaust nicht überlebt hatten, schwebte wie ein Schatten über das Leben der Familie. Ihre Memoiren legen heute Zeugnis ab, wie bedeutend es ist, seine eigenen Gedanken von der Seele zu schreiben. „Trotz dieser Erfahrungen und der damit einhergehenden schwierigen Startbedingungen den Weg ins Leben zu finden – das ist keine Selbstverständlichkeit“, betonte Schulleiter Schmitt. Ihr Engagement für die zweite Generation von Holocaust-Überlebenden verdient höchste Anerkennung, weshalb die Schülerschaft gebannt lauschte und im Anschluss zahlreiche Fragen stellte.
Stimm- und Gesangspädagogin
Darüber hinaus erzählte die 77-Jährige von ihrem weiteren Werdegang. Nach dem Studium in Amsterdam und Genf führte ihr Weg nach New York, wo sie ein Gesangstudium an der Manhattan School of Music erfolgreich abschloss. Viele Jahre war sie als Lied- und Konzertsängerin tätig, ehe sie nach Europa zurückkehrte und weiterstudierte. Zahlreiche Konzerte in Deutschland, der Schweiz, Italien und den Niederlanden kennzeichneten einen wichtigen Lebensabschnitt von ihr. Ferner widmet sie sich seit längerer Zeit mit Liedern, die vom jüdischen Volk handeln wie „Jewish Songs“ und „Der letzte Schmetterling - Lieder aus Theresienstadt“.
Bundesverdienstkreuz
Ruth Frenk kann auf viele Momente und Erfahrungen in ihrem Leben zurückblicken. Davon waren die Schüler am Ende des Auftritts felsenfest überzeugt. Und diese einzigartige Anerkennung wurde am nächsten Tag von höchster Ebene bestätigt… Denn einen Tag nach ihrem Auftritt an der Realschule im Aurain erhielt sie für ihr herausragendes Wirken und ihrem großartigen Verdienst aus den Händen von Ministerpräsident Kretschmann das Bundesverdienstkreuz.
Die Realschule im Aurain ist sehr dankbar für diesen Auftritt von Ruth Frenk und wünscht ihr auf ihrem weiteren Lebensweg weiterhin alles Gute.