Schule trifft Rathaus
Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 8 treffen Oberbürgermeister Jürgen Kessing
Wie Kommunalpolitik funktioniert, lernen Schülerinnen und Schüler zwar auch an der Schule, aber die Landeszentrale für politische Bildung will den Achtklässlern in den Kommunen auch noch direkte Einblicke in die Funktionsweise der Rathäuser vermitteln. In Bietigheim-Bissingen stellt sich auch der Oberbürgermeister regelmäßig den Fragen der Jugendlichen. Bei den Aktionstagen zur Festigung von Grundlagen der Kommunalpolitik und der Jugendbeteiligung stellten sich Oberbürgermeister Jürgen Kessing sowie Bürgermeister Michael Wolf an insgesamt vier Terminen den Fragen der Schülerinnen und Schülern der Klassenstufe 8 der Ellentalgymnasien Bietigheim-Bissingen im Bietigheimer Ratssaal. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.
Oberbürgermeister Jürgen Kessing wurden viele Fragen zu seinem Werdegang, seiner Motivation Oberbürgermeister zu werden und seinen Plänen in der Zukunft gefragt. Die Schülerinnen und Schüler wollten aber auch wissen, was man als Oberbürgermeister verdient.
Vor allem aber nutzten die Schülerinnen und Schüler der Ellentalgymnasien die Chance, dem Oberbürgermeister ihre Wünsche und Verbesserungsvorschläge für die städtische Infrastruktur vorzutragen. Die Anregungen wurden von ihm entweder direkt beantwortet oder zur weiteren Bearbeitung an die Verwaltung bzw. die zuständigen Einrichtungen weitergeleitet. Die Themen, die die Schülerinnen und Schüler bewegen, sind ganz vielfältig und reichten von der Freizeitgestaltung bis hin zur Mobilität in der Stadt.
Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich ein Kino in der Stadt, am liebsten in Bereich der Altstadt beim Kronenzentrum. OB Kessing erklärte, dass die Kinos in Bietigheim und leider auch in Bissingen aufgrund geringer Besucherzahlen schließen mussten, was er sehr bedauert. Es gibt auch leider keinen Betreiber, der ein neues Kino in der Stadt bauen möchte, auch wenn dies wünschenswert wäre. Die Stadt hatte versucht ein großes Multiplex Kino im Bereich Lothar-Späth-Carré anzusiedeln, aber leider ließ sich aufgrund der Größe unserer Stadt und des Angebotes in den benachbarten Städten kein Investor finden. Die Stadt kann leider kein eigenes Kino betreiben, weil es nicht zu den Aufgaben einer Stadt gehört.
Für die sportliche Betätigung wünschen sich die Schülerinnen und Schüler eine Calisthenics Anlage. Bürgermeister Wolf erklärte, dass es bereits Planungen für solch eine Anlage gibt, die im Bereich Ellental/Dirtpark aufgebaut werden soll. Da die Realisierung von einigen Faktoren abhängt, konnte er noch nicht sagen, wann die Anlage in Betrieb geht.
Für den Bolzplatz Lug wünschten sich die Schülerinnen und Schüler bessere Tore und Markierungen. OB Kessing erklärt, dass Bolzplätze naturbelassene Plätze sind. Ein Ausbau solcher Plätze hat in der Vergangenheit bereits Probleme mit der Nachbarschaft verursacht. Darüber hinaus verweist er auf die vielen Sportflächen im Stadtgebiet, auf denen gespielt werden kann.
Für das Areal beim ehemaligen Steinbruch Fink wünschen sich die Schülerinnen und Schüler u.a. eine Kletterhalle. OB Kessing erklärte, dass es sich hierbei nicht um eine städtische Fläche handelt. Der ursprüngliche Zustand muss wiederhergestellt werden. Die Flächen werden teilweise wieder der Landwirtschaft zugeführt oder sind für den Naturschutz vorgesehen. Es gab diverse Pläne, die allerdings aufgrund des Bürgerentscheids nicht umsetzbar sind.
Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich ein neues Schwimmbad, da das Bissinger Bad und das Bad am Viadukt in die Jahre gekommen sind. OB erklärt, dass es bereits Pläne für den Neubau eines großen neuen Bades gibt, diese aber momentan nicht finanzierbar sind. Die Stadtwerke sollen das neue Bad betreiben. Weder Stadt noch Stadtwerke sind momentan in der Lage, eine solche Investition zu leisten, weil das vorhandene Geld für andere städtische Pflichtaufgaben wie den Bau und die Sanierung von Kindertagesstätten und Schulen benötigt wird. Leider wird der Bau von Bädern von Bund oder Land nicht gefördert.
Überdachte, wetterfeste Plätze im Außenbereich zum Verweilen mit Tischen und Bänken zählen ebenfalls zu den Wünschen der Schülerinnen und Schüler. OB Kessing erklärte, dass solche Plätze bereits von Jugendlichen gewünscht waren, aber dies im Konflikt mit der Anwohnerschaft zwecks Lautstärke steht. Die Erfahrung zeigt auch, dass vorhandene Plätze mit Bänken und Grillstellen wie die Aussichtsplattform Lug oder die Eselshütte oft mutwillig zerstört werden und Müll hinterlassen wird.
Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich ein weiteres Jugendhaus, da das vorhandene immer zu voll sei. OB Kessing erklärte, dass es im Buch ein Jugendhaus gab, das nicht gut angenommen wurde. Im Bissinger Jugendtreff ist es etwas besser. Ein zweites großes Jugendhaus wie im Ellental ist allerdings nicht finanzierbar.
Auch die Busverbindungen, vor allem auf dem Weg zur Schule bzw. auf dem Heimweg, beschäftigen die Schülerinnen und Schülern. Sie wünschen sich, dass die Abfahrtszeiten besser an die Schulzeiten angepasst werden, die Busse häufiger fahren und größer sein sollen. Bürgermeister Wolf führte aus, dass es bereits ein gutes Busliniennetz im Stadtgebiet mit der Omnibusverkehr Spillmann GmbH gibt, dass aber die Busse oft durch Staus gebremst werden und dann unpünktlich sind. Spillmann und die Stadt arbeiten kontinuierlich daran, das Busliniennetz und die Frequenz zu optimieren. Dazu werden aber Informationen benötigt, wo welche Busse benötigt werden. Die Stadt arbeitet mit Spillmann stets an der Verbesserung, z.B. durch den Bau von mehr Busspuren und busgesteuerten Ampelanlagen, zusammen. Kessing und Wolf forderten die Schülerinnen und Schüler auf, sich mit konkreten Wünschen gerne auch direkt an Spillmann oder an die Stadt zu wenden.
Die Mobilität beschäftigt die Schülerinnen und Schüler aber auch zu Fuß und mit dem Fahrrad. So wünschen sie sich eine Verbindungsbrücke vom Stadtteil Sand in die Innenstadt. OB Kessing erklärte ihnen, dass diese vor einigen Jahren durch einen Gemeinderatsbeschluss abgelehnt wurde. Die Verwaltung arbeitet aber weiter daran und hofft über das Projekt Fernradweg nach Stuttgart Zuschüsse für den Brückenbau zu erhalten. Er wünscht sich, dass dies klappt und die Brücke gebaut werden kann. Es sagt den Schülerinnen und Schülern zu, dass er den Wunsch der Jugendlichen nach der Verbindungsbrücke in den Beratungen mit einbeziehen wird.
Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich eine bessere Ampelschaltung im Ellental. OB Kessing erklärte das System an der Ellentalkreuzung. Hier liegt die Präferenz darin, den Verkehr schnell aus der Stadt zu bekommen. Der Verkehr in die Stadt wird mit Pförtnerampeln geregelt. Der Verkehr kann nur durch Radfahrer und Fußgänger unterbrochen werden. Elterntaxis sind ein großes Problem, die den Verkehr in diesem Bereich erhöhen. Außerdem wird dort vermehrt bei Rot überfahren. Entsprechende Kontrollen werden stattfinden.
Aber auch die aktuelle Versorgungssituation mit Lebensmitteln vor Ort beschäftigt die Schülerinnen und Schüler. Zum einen wünschen sie sich günstigere Dönerpreise. Bürgermeister Wolf erklärt, dass die Stadt nicht die Dönerpreise bestimmen kann, da es sich um private Anbieter handelt. Er gibt zu bedenken, dass gutes Essen seinen Preis hat. Zum anderen bemängeln die Schülerinnen und Schüler, dass die Mensa zu klein und zu teuer ist und die Portionen zu klein sind.
Weiter wünschten sich die Schülerinnen und Schüler ein großes Einkaufszentrum bzw. ein vielfältigeres Restaurantangebot in der Innenstadt sowie für Jugendliche ansprechendere Bekleidungsgeschäfte. OB Kessing erklärte, dass Bietigheim-Bissingen ein gutes Einzelhandelsangebot bietet. Damit sich Unternehmen in der Stadt ansiedelt, muss zunächst die Anzahl der Einwohner passen und damit die Perspektive entsprechend Umsatz generieren zu können. Er erklärt den SuS, dass Essen gehen teurer geworden ist. Bietigheim-Bissingen hat ein kulinarisch vielfältiges Angebot. Die Stadt versucht das Einzelhandelsangebot zu steuern und geht mit den Vermietern ins Gespräch. Vermieter entscheiden eigenständig, an wen sie vermieten. Einflussnahme ist lediglich bei städtischen Flächen möglich, bspw. beim Fachmarktzentrum Mühlwiesen, im Kronenzentrum oder in den Marktplatz Arkaden. Zudem gibt es aus Platzgründen keine Möglichkeit, im Stadtgebiet ein so großes Einkaufszentrum zu bauen, wie sie bspw. in Ludwigsburg oder Stuttgart zu finden sind.
Für die Klassenzimmer der Ellentalgymnasien wünschten sich die Schülerinnen und Schüler Klimaanlagen. Die eingebauten Lüftungsanlagen würden die Temperatur nicht maßgeblich verringern. OB Kessing erklärt den Schülerinnen und Schüler, dass Lüftungsanlagen mit Kühlfunktion die Temperatur im Innenbereich lediglich um 3-4 Grad unter die Außentemperatur herabsenken und dies nicht mit einer Klimaanlage gleichzusetzen ist. OB Kessing hat zugesichert, die Lüftungsanlagen überprüfen zu lassen. Er erklärt aber gleichermaßen, dass perspektivisch von den Kultusministerien über eine Anpassung der Unterrichtszeiten, bspw. mit Beginn in den frühen Morgenstunden oder auch mehr Unterricht im Winter und dafür längere Ferien im Sommer beraten werden sollte.
Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich mehr Mülleimer in der Stadt. Hundekotbeutel müssen oft weit getragen werden und landen dann häufig in der Natur. Vor allem in den Wohngebieten sind relativ wenig Mülleimer zu finden. OB Kessing erklärte, dass viele Menschen in den städtischen Mülleimern häufig ihren Hausmüll entsorgt haben. OB Kessing appellierte an die Schülerinnen und Schüler, fehlende Mülleimer zu melden. Die Mitarbeitenden des Bauhofs sind täglich frühmorgens unterwegs, um den Müll auf den Plätzen und Wegen zu beseitigen. Bei Veranstaltungen, wie bspw. Best of Music, werden vermehrt Mülleimer aufgestellt.
Weitere Themen waren der Wunsch nach mehr Handyladestationen in der Innenstadt, einem schnelleren öffentlichen W-LAN, Sitzmöglichkeiten auf dem Pausenhof und die Gestaltung der Klassenzimmer in den Ellentalgymnasien. OB Kessing sagte den Schülerinnen und Schülern zu, ihre Wünsche ernst zu nehmen.
Der Aktionstag 'Schule trifft Rathaus' will nicht nur das Wissen festigen, das bereits laut Bildungsplan im Unterricht erworben wurde. Vielmehr sollen den Jugendlichen Wege aufgezeigt werden, um ihre Stadt mitzugestalten. Sie sammelten dazu Ideen und diskutierten mit Oberbürgermeister Jürgen Kessing und Bürgermeister Michael Wolf über Möglichkeiten der Umsetzung. Dabei lernten sie Beteiligungsmöglichkeiten in der Stadt Bietigheim-Bissingen kennen. Der politische Tag wird durch ein junges Team von Expertinnen und Experten der LdP-Außenstelle Ludwigsburg im Rathaus oder anderem außerschulischen Lernort der Stadt durchgeführt. Durch die ausgewählten Methoden wird das Thema für die Schülerinnen und Schüler intensiv erlebbar und auch der Spaß kommt nicht zu kurz.